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Das falsch verstandene Mittagsgebet


Während des Krieges mussten auch junge Zivilleute ihre Heimat Ungarn, Polen, Russland und der Ukraine verlassen. Sie arbeiteten zwangsweise in der Landwirtschaft und in anderen Handwerksbetrieben.

Bei unserem Nachbar, dem Bichamoar, war ein junger Ukrainer zum Arbeiten.

Üblich war vor und nach dem Mittag-essen ein Tischgebet. Die Bauersleute samt Kindern, Knechten, Mägden und Arbeitern standen um den Tisch und blickten während des Gebetes ehrfürchtig zum Herrgott im Herrgottswinkel. Aus nicht bekannten Gründen war der Ukrainer nicht ganz bei der Sache und hatte den Blick abgewendet. Der Bauer, der das zu seinem Entsetzen sah, deutete ihm an, doch auch zum Herrgott aufzuschauen. Der Gefangene reagierte sofort und verließ die Stube. Kurz darauf kam er zurück. In der Hand hatte er einen Flederwisch. Das ist ein getrockneter Gansflügel, den man an Stelle eines Handbesens benutzte. Der Ukrainer stieg auf die Eckbank und säuberte mit dem Flederwisch das Kreuz von den Spinnweben.


Herrgottswinkel, Inzkofen [JWI72]


Erzählt im September 2012 von Johann Wiesheu (*1930), Oberappersdorf
Aufgeschrieben im September 2012 von Rita Schweiger, geb. Wiesheu (*1966), Oberappersdorf

d30030_SR_Das falsch verstandene Mittagsgebet_de_13Apr14

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