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Auch im Alter noch mobil


Unser Opa (Andreas Wiesheu sen.) war ein begeisterter Motorradfahrer. Selbst zur Feldarbeit fuhr er lieber mit seinem Gefährt und ließ die anderen mit Ochsen- und Pferdefuhrwerken fahren.
Kurz vor seinem 80. Geburtstag gab jedoch sein Motorrad den Geist auf.

Wir hatten zur selben Zeit ein NSU-Quickly, das wir nicht mehr gebrauchen konnten oder sollten (siehe Vorgeschichte). Mein Vater übergab es ihm deshalb und er übernahm es freudestrahlend und probierte es gleich aus.

Nach ein paar Wochen gab er es jedoch wieder zurück mit der Bemerkung, dass er mit so einem Spielzeug nichts anfangen könne. Er hielt deshalb Ausschau nach einem für ihn passenden Gefährt. Da er den alten Führerschein der Klasse 4 hatte, durfte er jedes Gefährt bis 250 cm³ fahren.

Und so entschloss er sich ein Goggo Coupe anzuschaffen. Mit 80 Jahren fuhr er zum 1. Mal mit einem Auto - seine vorhergehende Motorisierung war ja nur sein Motorrad und ein Eicher-Schlepper. Er durchstreifte dann damit die nähere Umgebung, besuchte seine Kinder und Enkel und fuhr gelegentlich auch nach Freising.

Da der Goggo schon sehr alt und unzuverlässig war, schaute er sich nach einem 2. – besseren – Goggo um, den er bei Augsburg fand. Und so nahm er einen Enkel mit – der bereits einen Führerschein hatte – um den 2. Goggo abzuholen.
Bei der Rückfahrt vertraute er das neue Fahrzeug lieber seinem Enkel an, denn unser Opa dachte, dass der sicherer fahren würde, als er.
Beide fuhren also los, unser Opa mit dem alten und sein Enkel mit dem neuen Goggo.
Aber es war schon eine Kunst mit so einem Gefährt zu fahren: zum Anfahren musste man fast Vollgas geben, da die Kupplung ruckartig kam und er hatte eine äußerst mangelhafte Straßenlage.
Und so kam es, wie es eigentlich nicht kommen sollte: Der junge Fahrer verlor die Beherrschung über den neuen Goggo und landete damit im Straßengraben. Aus dem ziemlich demolierten Fahrzeug kletterte der – Gott sei Dank - unverletzte Fahrer. Unser Opa war anfangs ärgerlich und sagte: „War i bloß selber gfahrn". Aber er war dann doch sehr froh, dass seinem Enkel nichts passiert war.

Der Goggo wurde wieder hergerichtet und unser Opa unternahm die nächsten Jahre auch noch größere Touren, die ihn nach Regensburg, Fürstenfeldbruck und in andere Orte brachten. Anfang der siebziger Jahre gab er dann so nach und nach das Fahren auf und ließ sich lieber von seinen Enkeln chauffieren.

Das Ganze war Mitte der sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts.


Aufgeschrieben im September 2012 von Leonhard Maier (*1953), Giggenhausen

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