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Feiertage

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Feiertage in Schweinersdorf


An Feiertagen rührte sich richtig was auf dem Hof und im Haus, denn oft waren auch noch andere Verwandte da und die Stube war gefüllt mit lauter Menschen, die alle „vom selben Schlag" waren.
Es wurde schon beim Mittagessen aufgetischt, dass es eine wahre Freude war und am Nachmittag gab es dann auch noch Kaffee und verschiedene Torten und Kuchen. Der war noch nicht mal ganz gegessen, da wurde schon die Brotzeit aufgetragen. Viel Arbeit wurde der Tante Resi damit jedes Mal aufgetan - solange Oma noch lebte, haben die beiden zusammengeholfen - aber später hat sie das alles ganz alleine auf sich genommen. Je größer die Mädel wurden, um so mehr haben die natürlich mitgeholfen. Gastfreundschaft wurde auf jeden Fall sehr hoch gehalten. Haus und Hof stand für die zahlreichen Verwandten immer offen! Vergelts Gott dafür!


Palmsonntag
Am Palmsonntag wurde derjenige, der als Letzter aus dem Bett kam, als Palmesel verspottet und ausgelacht und musste dann immer vom Hof daheim, den Palmbaum zur Prozession und Weihe zu der Schweinersdorfer Kapelle mitnehmen.
Ganz früher war das Tragen des Palmbaumes die Aufgabe vom Hüterbub oder Mitterknecht.
Nach dem Palmsonntag beginnt die Karwoche.
Je nach Größe des Anwesens, von dem der Palmbaum kam, wurden eben mehr oder weniger Palmkätzchen zusammen mit Zweigen vom „Sengbaum" (Scheinzypresse oder Thuje) mit Weidenruten auf einen Stiel gebunden. In anderen Gegenden mischte man auch Buchs zur „Begrünung" bei.

Für Ostern wurde dann vom Stiel des Palmbaumes ein ca 40 cm langes Stück abgeschnitten. Das hat man für den sogen. „Brand" gebraucht. Dieses Stück wurde vorne und hinten eingeschlitzt. In der Mitte hat man einen dickeren Draht befestigt, damit man das Stück Holz einfach und ohne sich dabei zu verbrennen oder rußig zu werden, ins geweihte Feuer hineinhalten konnte, welches vor der Kirche zur Auferstehungsfeier entfacht, bewacht und in Brand gehalten wurde. Das war im Gegensatz zum Palmesel der begehrtere Job, weil es viel spannender war.
 

Ostern
Wenn wir an Ostern nach Schweinersdorf fuhren, sind wir immer gleich nach dem Osterfrühstück losgefahren, um rechtzeitig zum „Feldweihen" dort zu sein. Wir haben unsere bunten Eierschalen von den geweihten Eiern mitgenommen und haben uns dann mit Opa, Onkel Schoß und den anderen Kindern auf den Weg gemacht zu den verschiedenen Getreidefeldern, um in deren Mitte ein Stück „Brand" und an den Ecken Palmkreuzerl in den Boden zu stecken und geweihte Eierschalen dazu zulegen. Manchmal hat man sogar ein ganzes Ei vergraben.
Das Ganze wurde dann mit dem Weihwasser, das der Onkel Schoß in einem Halbe-Krügerl mit Zinndeckel dabei hatte, besprengt.
Andere haben vom Osterfrühstück auch noch die Überrestl vom „Gselchten" und vom Kren mitgenommen und dazu gelegt.
Die Palmkreuzerl waren Palmzweige mit einem Schlitz, in dem ein Thujenzweigerl steckte. Das Feldweihen soll Gottes Schutz und Segen für die Arbeit und Ernte erbeten. Dabei sind wir unterwegs auch öfters dem „Osterhasen" begegnet, den wir noch über die Felder davon flitzen sahen und der auf der Flucht kleine Schokoladeneier und sogar Geldstücke verlor, die wir begeistert einsammelten. Seltsamerweise waren es genau dieselben Eier, welche meine Mutter in der Mantel- oder Jackentasche hatte und die Geldfunde säumten genau den Weg, den Opa oder Onkel voraus gegangen waren. Also hielt man sich am besten immer dicht hinter ihnen.

Ein paar von den gesegneten Palmzweigerln wurden immer hinters Kreuz am Herrgottswinkel gesteckt – Schutz und Dekoration zugleich. Ebenso wurden ein kleiner Zweig vom Palm- und Seng-Baum, sowie ein kleines Stück vom Brand, an den Türen der Stallungen befestigt, damit das Leben auch dort gedeiht und kein Unglück passiert.


Zu der Zeit, als mein Vater noch Kind war und es noch Dienstboten auf dem Hof gab, durften an den Ostertagen die Mägde die Eier abtragen und über diese verfügen. Einige färbten sie rot ein für die Burschen und Liebhaber. Es war der Brauch, dass diese sich bei den Madln, am Abend beim Fensterln, ein rotes Ei abholten.
Von meinen Cousinen kannte ich das auch noch, dass im entsprechenden Alter ein paar junge Männer vorbei kamen, um sich ein rotes Ei zu sichern, verbunden mit der Zusage, einmal zusammen auszugehen.


Beim Feldweihen, Schweinersdorf [JWM73]


Feldweihe, Inzkofen 2013 [JWC13]

Kirchweih
Auch Kirchweih verbrachten wir immer in Schweinersdorf. Da gab es etwas ganz besonderes für uns Kinder, eine „Kirtahutschn". Das war eine lange Leiter mit zwei Brettern drunter, die waagrecht mit langen Eisenketten an den Vordachbalken vom Kuhstall befestigt war. Dort hatten dann viele Kinder nebeneinander Platz und anstatt vor und zurück, wurde da hin und her geschaukelt. Auch Nachbarskinder waren oft mit dabei. Musik hatten wir auch dazu und vom alten Plattenspieler tönten Lieder wie „Liebeskummer lohnt sich nicht", „Mein Freund der Baum" „ My Boy Lollipop" „Itzy Bitzy Teenie Weenie" oder „Rose Garden".

Manchmal haben aber auch die Erwachsenen, zumindest die Männer, eine Schaukelpartie mit der Kirtahutschn gemacht.
Bei den Frauen waren an Kirchweih auch die Kirtanudeln ein Gesprächsthema. Das war wie ein unausgesprochener Wettbewerb. Jede Bäuerin hatte den Ehrgeiz, die schönsten Kirtanudeln zu machen. Und Tante Mali und Tante Pat, die beiden Schwestern meines Vaters, brachten auch immer welche mit nach Schweinersdorf. Oma und Tante Resi hatten selbstverständlich auch gebacken. Und jetzt wurden sie alle heimlich begutachtet und miteinander verglichen. Die vier gedrehten Zipfel der Kirtanudeln sollten möglichst gleichmäßig sein. Vom Ausschauen her, haben eigentlich immer die von der Tante Mali gewonnen. Mir war das eigentlich egal, wie die ausgeschaut haben, vom Geschmack her waren sie alle hervorragend. Rosinen mochte ich zwar noch nie, aber in den Kirtanudeln hab ich sie sogar gegessen. Und wenn wir heimgefahren sind, haben wir auch noch welche geschenkt gekriegt
.


Kirtahutsch, Schweinersdorf [JWM70]


Das war übrigens bei jedem Besuch so, dass uns Oma und Tante Resi noch was mitgegeben haben: Kuchen, Schmalznudel, Schuxen, Fensterkiache oder Eier, und ganz früher haben wir auch noch Milch in der Milchkanne mit heim genommen. Und wenn geschlachtet worden ist, hats a Fleisch, Blut- und Leberwürscht oder an Pressack gebn.


Aufgeschrieben im November 2012 von Irmi Schaffer, geb. Wiesheu (*1961), Moosburg
Ergänzt durch Johann Wiesheu, München

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